Spreewaldsagen

Erklärung und Sinn der ausgestellten Gemälde, die nach Spreewaldsagen von der Lübbener Volkskünstlerin Ingrid Groschke gemalt wurden.

Die Mittagsfrau

Sie streifte an sonnigen, heißen Sommertagen zwischen zwölf und ein Uhr mittags über die Felder und hatte es besonders auf Frauen abgesehen, die in dieser Ruhestunde ihr Flachsfeld jäteten oder Getreide ernteten. In weißen, webenden Gewändern stand die hagere Frau urplötzlich vor ihren Opfern, die scharfe Sichel drohend erhoben. Es gab nur ein Mittel, sich zu retten: Man musste sich bis zum Glockenschlag ein Uhr mir ihr unterhalten, ihr von der bäuerlich arbeit, meist vom Flachsanbau berichten. Gelang das nicht, so war das Leben verwirkt. Wir wissen heut natürlich, dass Hitzschlag und Sonnenstich in der Ernteglut so manches Opfer gefordert haben und dass dies zur Entstehung dieser Sagenhaften beigetragen hat.

Der Schlangenkönig

Das Gebiet des Spreewaldes ist reich an Schlangensagen. Die Sage kennt die Schlange als Glückbringen im Hause. Auch die Schlange im freien Feld besaßen geheime Kräfte. Sie hatte einen Schlangenkönig, der mit einer blitzenden Krone gekennzeichnet war. Einige Sagen erzählen, dass die Schlange einfachen, redlichen Menschen eine Krone zum Geschenk machten und ihnen damit aus der Armut heraushalfen. Manch einem trieb jedoch die Habsucht dazu, sich mit List des Schlangenschatzes zu bemächtigen und dadurch zu Macht und Reichtum zu gelangen.

Der Wirbelwind

Während andere Völker Windsagen in verschiedener Art kennen, spielt bei den Sorben vor allem des Spreewaldes nur der Wirbelwind eine besondere Rolle. Wenn der Spreewaldbauer glücklich sein Heu trocken hatte, baute er es auf den Wiesen auf einem Gestell zu großen Schobern auf und holte es erst im Winter nach Bedarf heim. Wie unangenehm, wenn beim Bauen eines solchen mehrere Meter hohen Schobers plötzlich Wind auf kam und das mühsam aufgebaute Werk auseinander blies! Als Ursache sahen die Sorben dann den Wirbelwind oder Wichor an. Man spürte zwar seine Macht, sah ihn aber nicht. 

Der Wassermann

Zahlreich wie die Teiche und Wasserläufe in der Lausitz sind auch Sagen vom Wassermann oder nix, der in ihnen seine Wohnung gehabt haben soll. So wie das Wasser dem Menschen vertrauten Freund und Helfer sein kann, in dem es lasten trägt, reiche Fischbeute bietet und zum Bade lockt, während es im nächsten Augenblick als grimmiger Feind mit wilden Strudeln Felder, Wiesen und Häuser überschwemmt, ja sogar nach dem Leben des Menschen greift, so unberechenbar erscheint auch der Dämon des Wasser, der Nix.
Mit manchem Irdischen ist er gut Freund, schenkt und lässt sich beschenken. Mehr als einmal verdankt ein durch Missernte in Not geratener Heidebauer dem Wassermann ein paar Scheffel korn zur Aussat. Freilich weiß die Sage zu Berichten, dass der Wassermann auch kalt und grausam sein kann und dem Menschen nach dem Leben trachtet.

Die Irrlichter

Der Name Lausitz kommt von „tuza“. Das bedeutet Pfütze, Lache oder Sumpf. Besonders die Niederlausitz war bedeckt mit nassem Wiesenland, unter dem Raseneisenstein entstanden. Die Landschaft war durchzogen von morastigen Gräben, zwischen denen Erlen und Weiden ein undurchdringliches Bruchland bildeten. Wenn Sumpfgase dem faulenden Schlamm entquollen und sich gelegentlich entzündeten, faulende Wiesenstümpfe grünlich schimmernd phosphorisierten oder die leuchtenden Tupfen der Johanniswürmchen ihre Bahnen durch das Unterholz zogen, dann entstand der Glaube, dies alles seien geheimnisvolle kleine Wesen, die dem Menschen in der Dunkelheit begegnen. Diese Irrlichter erwiesen sich als gutmütige Wegweiser demjenigen, der zwischen Gräben und Fließen abends nicht den Heimweg fand. Eine kleine Münze, ein Dreier, war der Dank, den sie begehrten. Wehe dem, der das Irrlicht um seinen Lohn betrügen wollte. Erbarmungslos jagte es ihn durch Sumpf und Moor, bis er in unbekannter Gegend war.